Eduard-Job-Stiftung für Thermo- und Stoffdynamik

Aufgaben und Ziele

Eines der Hauptziele praktischer Forschung ... ist es, den Standpunkt zu finden, von dem aus der Gegenstand in seiner größten Einfachheit erscheint". J. W. Gibbs (1839-1903)

1 Gegenstand der Stiftung

Die Stiftung ist zwei Bildungsbereichen gewidmet, der Wärmelehre und der allgemeinen Stofflehre.

Die Wärmelehre oder Thermodynamik [1] ist Lehrfach in der Physik, Chemie und im Ingenieurwesen. Ihre Grundbegriffe sind Gegenstand der allgemeinen Schulausbildung und werden auch in vielen anderen Bereichen der Wissenschaft und Technik benötigt.

Die Stofflehre oder Stoffdynamik [2] ist als übergeordnetes Fach gedacht, das die Charakterisierung, die Umwandlung und das Verhalten von Stoffen aller Art zum Gegenstand hat und damit etwa Werkstoffkunde, Materialwissenschaft, Chemie, Kernchemie usw. als mögliche Teilfächer umfasst, aber auch in viele andere Bereiche hineingreift wie Biologie, Physiologie, Geologie, Festkörper- und Astrophysik. Sie ist im Rahmen der Chemie Bestandteil der Schulbildung. Die allgemeine Stofflehre soll die gemeinsamen Aspekte ihrer Teilfächer zusammenfassen und ein einheitliches begriffliches und formales Rüstzeug bereitstellen, das die Verständigung und den Wissensaustausch nicht nur zwischen den Teilfächern, sondern auch innerhalb dieser erleichtert und fördert.

2 Zur Ausgangslage in der Thermodynamik

Beide oben genannten Bildungsbereiche haben eine Jahrhunderte währende, bewegte Geschichte. Entscheidende Fortschritte sind im Laufe des 19. Jahrhunderts gelungen, aber nicht nur Fortschritte. Manches ist damals in einer Weise fixiert worden, die sich rückblickend als sehr hinderlich herausstellt. Die Thermodynamik gilt seit Anbeginn als begrifflich schwierig und wegen ihrer Unanschaulichkeit besonders für den Anfänger als schwer fassbar [3, 4, 5, 6, 7]. Der Aufbau ist eigenwillig und zum Beispiel dem der Mechanik oder Elektrizitätslehre kaum verwandt, so dass man keine weiterreichenden Analogien findet und sich daher die Zusammenhänge nicht durch Vergleiche mit anderen Teilgebieten der Physik verdeutlichen kann. Sucht man gar Rückhalt in der Anschauung, mit der man die Aufgaben seiner Alltagsumwelt bewältigt, so wird das Verständnis eher noch erschwert. Man begegnet einer Vielzahl neuartiger Begriffe wie Enthalpie, Entropie, Zustandsfunktion, Kreisprozess, freie Enthalpie, Reversibilität usw., die nur schlecht oder gar nicht zu den gewohnten Vorstellungen passen und in ihrer Abstraktheit und Mannigfaltigkeit dem Lernenden den Überblick nicht gerade erleichtern. Hinzu kommt ein ausgedehnter Formalismus, der den Umgang mit den neuen Größen unterstützt, aber leider nur für Spezialisten erfolgreich handhabbar ist [8, 9, 10]. Der übrigen Menschheit, soweit sie überhaupt Interesse dafür zeigt, bleibt nur eine Rolle als Zuschauer oder eine mehr ideelle als praktisch nützliche Beschäftigung auf kleinen Teilbereichen.

Die Thermodynamik ist zunächst als Gleichgewichtslehre für makroskopische Systeme entwickelt worden und war damit nur ein kleines, wenn auch bedeutsames Teilgebiet der Wärmelehre. Schon die Gleichgewichtslehre allein ist nach verschiedenen Konzepten und in divergierende Richtungen vorangetrieben worden, deren Spuren bis in die Gegenwart reichen [11, 12]. Der ältere, weit entwickelte und technisch wichtige Bereich der Wärmeleitung wurde nicht der Thermodynamik zugerechnet, ebenso wenig alle übrigen an einen Wärmefluss gekoppelten Erscheinungen wie Thermoelektrizität, Thermodiffusion, Knudseneffekt usw.. Erst in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist es gelungen, diese Gebiete an das bisherige Lehrgebäude anzugliedern und damit die phänomenologische Thermodynamik abzurunden, die das Ziel verfolgt, die Erscheinungen ohne Bezug auf den atomaren Aufbau der Materie zu beschreiben. Diese Ergänzung durch die sogenannte Thermodynamik der Vorgänge oder der irreversiblen Prozesse erfordert ein zusätzliches begriffliches Repertoire, das den Anwender mit ähnlichen Schwierigkeiten konfrontiert wie die ältere Gleichgewichtslehre.

Parallel zur phänomenologischen wurde die statistische Thermodynamik erfolgreich vorangetrieben, die gerade umgekehrt das makroskopische Verhalten der Materie mit statistischen Mitteln aus den Eigenschaften der Atome und Atomverbände zu erklären sucht. Mit diesem Ansatz ist es gelungen, eine Brücke zwischen den spektroskopisch und quantenmechanisch ermittelten Molekülzuständen und dem im Labor beobachtbaren stofflichen Verhalten zu schlagen. Die statistische Thermodynamik hat einen begrifflichen Apparat entwickelt, der sich zwar an dem der phänomenologischen Thermodynamik orientiert, aber auch viele eigenständige Strukturen aufweist. In der Physik gilt dieser Ansatz inzwischen trotz des weit größeren mathematischen Aufwandes als leichter verständlich als der abstrakte phänomenologische [13]. Auch in der Chemie findet diese Vorgehensweise zunehmend Anhänger [14, 15].

3 Zur Ausgangslage in der Stoffdynamik

Auf diesem Gebiet ist der Durchbruch trotz wertvoller älterer Ansätze erst mit den Mitteln der Thermodynamik gelungen. Die Stoffdynamik hat es bis heute nicht geschafft, aus dem Schatten der Thermodynamik zu treten und sich als eigenständiges Gebiet zu behaupten, obwohl 95 ... 98% ihrer in der Chemie benötigten Ergebnisse auch ohne Rückgriff auf die Thermodynamik gewinnbar wären. Ihre übliche, zu enge Bezeichnung als chemische Thermodynamik spiegelt diesen Werdegang wieder. Aufgrund ihres Entwicklungsweges ist die Stoffdynamik durchsetzt von thermodynamischen Begriffen und daher auch belastet mit all den Schwierigkeiten, die die Thermodynamik zu bieten hat.

Da in ihrer entscheidenden Entwicklungsphase ihre Schwesterwissenschaft Thermodynamik nicht über den Entwicklungsstand einer Gleichgewichtslehre hinausgekommen war, leidet auch die Stoffdynamik an dem Vorurteil, nur über stoffliche Gleichgewichte und nur über makroskopische Systeme Aussagen machen zu können. So steht auch heute noch die Kinetik chemischer Reaktionen, die aus eigenen Ansätzen heraus und mit eigener Begrifflichkeit entwickelt worden ist, außerhalb der chemischen Thermodynamik, obwohl sie in Darstellungen, die auch irreversible Prozesse behandeln, bereits dort eingebunden erscheint [16, 17].

Auch andere Bereiche der Chemie haben mehr oder minder eigene Entwicklungswege durchlaufen und damit verbunden ein eigenes Begriffs- und Größenrepertoire hervorgebracht, obwohl, nachträglich gesehen, die vorhandenen Mittel durchaus auch für diese Zwecke ausgereicht hätten. Die Theorie der Säure-Base-Systeme mit Begriffen wie pH-Wert, pKS-Wert, Pufferkapazität usw. und die Theorie der Redoxsysteme mit Größen wie Redoxpotenzial, Spannungsreihe, Nernst-Faktor usf. sind Beispiele hierfür.

4 Die Rolle in der Ausbildung

In der Hochschulausbildung der Chemiker, die hier beispielhaft erörtert sei, nimmt die Thermodynamik, die traditionell unterschiedslos physikalische und chemische Prozesse umfasst, als Lehrstoff einen eigentümlichen Platz ein. Die Einfachheit ihrer Grundannahmen einerseits, die als Hauptsätze der Thermodynamik jedem Naturwissenschaftler schon einmal begegnet sein werden, und die Fülle der daraus herleitbaren Folgerungen bilden ein imposantes Lehrgebäude, das durch die Vielfalt seiner Anwendungsmöglichkeiten über alle Zweifel an seiner Nützlichkeit erhaben zu sein scheint. Diesem allgemeinen Eindruck entsprechend räumt man ihr im Vorlesungs-, Übungs- und Prüfungsstoff einen beachtlichen Anteil ein, und die angehenden Chemiker wenden viel Zeit auf, die angebotenen Formeln und Gleichungen zu lernen und die abstrakten Zusammenhänge zu verstehen.

In einem auffallenden Gegensatz an Kraft und Zeit steht die Rolle, die die Thermodynamik bei der späteren Arbeit des Chemikers spielt. Weder bei seiner präparativen und analytischen Tätigkeit, noch bei seinen theoretischen Überlegungen erreicht die Thermodynamik auch nur entfernt das Gewicht, mit der sie ihn während seiner Ausbildung beschäftigt hat. Nur in einem kleinen Bruchteil aller chemischen Veröffentlichungen taucht irgendwo eine thermodynamische Überlegung auf oder werden thermodynamische Daten über die synthetisierten und analysierten Substanzen mitgeteilt, die über die Angabe von Schmelz- und Siedepunkten als bloßen Identifikationsmerkmalen hinausgehen.

Was ist der Grund, dass der Chemiker ein so vielseitiges Werkzeug, dessen Handhabung er mit viel Aufwand zu lernen bemüht war, am Ende doch nicht einsetzt? Das Instrumentarium ist zu kompliziert, sein Gebrauch zu mühsam! Der Chemiker weiß zwar um die Möglichkeiten, aber er beherrscht sie nicht. Er erkennt keine klaren Zusammenhänge der thermodynamischen Grössen weder mit den Molekülmodellen, die er sich vorstellt, noch mit den Substanzproben, die er mit Spatel und Pipette handhabt, noch mit Begriffen und Strukturen aus anderen ihm bekannten Erfahrungsbereichen. Sollte er diese Schwierigkeiten irgendwie überwunden haben, sieht er sich bald neuen gegenüberstehen. Es fehlen die Daten! Nicht einmal von 1‰ der bekannten Stoffe sind solche verfügbar. Da kaum ein Chemiker die thermodynamischen Kenngrößen seiner neu präparierten Substanzen ermittelt, kann auch kein späterer Anwender sie benutzen.

Man sollte erwarten, dass Ingenieure, wenigstens diejenigen, die sich mit der Entwicklung von Triebwerken, Dampfturbinen, Kompressoren, Kühlmaschinen usw. befassen, auf ein tieferes Verständnis der Thermodynamik angewiesen sind. Aber selbst in diesem engen Bereich kann man sich - wenn es nicht gerade um eine völlige Neuentwicklung geht - meist mit vorgefertigten Formeln, Tabellen, Diagrammen behelfen, deren Anwendungsbereich man kennen, aber deren physikalischen Inhalt man nicht verstehen muss. Wie in Physik und Chemie gehört die Thermodynamik im Ingenieurwesen zum Pflichtlehrstoff, aber es geht einem Ingenieur damit nicht besser als einem Chemiker.

5 Problembereiche im Einzelnen

Die geschilderte Problematik muss man sehen, wenn man erwägt, auf diesem Felde etwas zur Verbesserung der Lage zu tun. Callen [18] nennt im Vorwort seines Thermodynamik-Lehrbuches, das besonders unter Physikern sehr geschätzt wird, einige weitere bedenkenswerte Gesichtspunkte. Er schreibt:

"Die Geschichte des Wärmebegriffs als Übertragungsform der Energie ist ein hervorragendes Beispiel

  • für die verschlungenen Entwicklungswege einer wissenschaftlichen Theorie, (1)
  • für die schier unüberwindliche Trägheit, mit der sich eine einmal durchgesetzte Lehrmeinung allen Änderungen widersetzt, (3)
  • für den Triumph menschlichen Geistes über ein subtiles abstraktes Problem." (2)

Im Folgenden seien diese drei Problembereiche in der durch die Nummern gekennzeichneten Reihenfolge neben dem des Datenmangels als viertem Problembereich etwas genauer erörtert und denkbare Lösungsansätze hierzu aufgezeigt.

5.1 Mosaikstruktur
Thermodynamik und Stoffdynamik sind aus Teilbereichen unterschiedlicher Herkunft und Entwicklung zusammengewachsen und stellen daher in ihrem begrifflichen und formalen Aufbau ein kompliziertes Mosaik dar. Dass ein unnötiges und unabgestimmtes Nebeneinander verschiedener Begriffssysteme nicht ökonomisch ist, liegt auf der Hand. Der Übergang von einem Bereich in einen anderen ist umständlich, weil man die alte Ordnung in eine neue umdenken muss. Meist ist man geneigt, diesen Umstand als naturgegeben und daher unvermeidlich hinzunehmen. Tatsächlich sind aber die Begriffe und Formalismen, die man zur Beschreibung benutzt, Konstruktionen, die viele willkürliche Elemente enthalten, so dass leicht Unterschiede vorgetäuscht werden, wo in der Natur keine bestehen. Es kann also durchaus lohnenswert sein, die vorhandenen Konzepte und Formalismen auf ihre Leistungsfähigkeit und Ersetzbarkeit hin zu durchmustern.

Hier liefert uns der mit Begriffen und Größen sehr sparsam umgehende Gibbs [19], der schon sehr früh - späteren Entwicklungen weit vorgreifend - die Thermodynamik auf verschiedenste Probleme der Stoffdynamik angewandt hat, wichtige Hinweise. Er kommt bei seinen zahlreichen Herleitungen mit Energie, Entropie und Temperatur und dem von ihm geschaffenen chemischen Potenzial als Schlüsselbegriffen völlig aus. Ausgedehnte Voruntersuchungen [20, 21, 22, 23] auf allen oben angesprochenen Bereichen zeigen, dass dieses bescheidene Repertoire neben den üblichen Größen aus anderen Bereichen (Mechanik, Elektrodynamik usw.) und einigen wenigen daraus abgeleiteten anscheinend für alle Zwecke hinreicht. Bei jeder zusätzlichen Größe wäre demnach im Einzelfall zu prüfen, ob sie mehr Vorteile bringt, als sie durch Aufblähung des begrifflichen und formalen Apparates schadet. Es zeigt sich, dass ein auf dieses Repertoire zugeschnittener und von entbehrlichen Bestandteilen befreiter Kalkül eine drastische Verkürzung der Rechenwege erlaubt [23].

5.2 Abstraktheit
Ein entscheidender Mangel der überkommenen Strukturen ist ihre Abstraktheit, die nur teilweise durch molekularkinetische Vorstellungen gemildert werden kann. Die unzureichende Kompatibilität mit der Anschauung lähmt eine wichtige Leit- und Kontrollfunktion. Um eine in der Praxis gestellte Aufgabe rechnerisch lösen zu können, muss sie in den zugehörigen Kalkül übersetzt und am Ende rückübersetzt werden, eine Vorgehensweise, wie sie jedermann aus der Schule bei der algebraischen Lösung eingekleideter Aufgaben kennt. Ist der Kalkül mit der Anschauung voll kompatibel und überschaubar organisiert, dann sind nicht nur die einzelnen Rechenschritte fortlaufend kontrollierbar, sondern es lässt sich auch der ganze Lösungsweg zielstrebig gestalten. Ohne eine solche Unterstützung sind zeitraubende Umwege unvermeidlich, wie sich an vielen Lehrbuchbeispielen belegen lässt [23,24]. An Aufgaben, die nur leicht von den gängigen Fragestellungen abweichen, scheitert fast jedermann mit der üblichen Ausbildung in physikalischer Chemie, weil es nicht gelingt, passende Lösungsansätze zu finden [25]. Eine andere, geradezu unerträgliche Folge ist, wenn in gängigen Schul- und Hochschul-Lehrbüchern naheliegende Scheinargumente eine logische Begründung ersetzen, ohne dass dies von den Autoren erkannt wird [26]. Was lässt sich hier zur Verbesserung tun?

Von den vier oben als Schlüsselbegriffe herausgestellten Größen gelten Entropie und chemisches Potenzial - im Gegensatz zu Energie und Temperatur - als Problemfälle, mit deren Schwerfassbarkeit man sich abzufinden habe. Im Falle der Entropie wird die Inkompatibilität mit der Anschauung verursacht durch eine gut verständliche, aber folgenschwere Ungeschicklichkeit in der stürmischen Entwicklungsphase der Thermodynamik im 19. Jahrhundert. Eine direkte Metrisierung [27] des landläufigen Wärmebegriffs liefert eine Größe, die mit der Entropie identisch ist. Diese Übereinstimmung wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt [28], ist jedoch damals nicht zu einer vollständigen Wärmetheorie ausgebaut worden. Das zeigt aber, dass die Entropie im Gegensatz zur gängigen Auffassung ganz anschauliche Eigenschaften besitzt, die jedoch nicht ihr, sondern der mit ihr assoziierten Energie zugeschrieben werden. Das hat zur Folge, dass die Entropie zu einem abstrakten Begriff verkümmert und die Größe mit Aufgaben belastet wird, denen sie nicht gewachsen ist, so dass sie in Teilbereichen fast vollständig etwa durch die Enthalpie als - leider auch nur beschränkt brauchbare - Ersatzgröße verdrängt worden ist. Die Entropie wird andererseits in der Rolle der Alltagswärme zu einem so einfachen Begriff, dass sie schon im Mittelstufenunterricht eingeführt und sinnvoll benutzt werden kann, wie umfangreiche Schulversuche belegen [29, 30], so dass sie in dieser Rolle bereits in die Lehrpläne einzudringen beginnt [31,32].

Der gleiche Ansatz, die direkte Metrisierung, führt auch im Falle des chemischen Potenzials zum Erfolg, was darauf hindeutet, dass auch diese Größe zu Unrecht als schwer verständlich und der Anschauung unzugänglich eingestuft wird. Ist erst dies Vorurteil ausgeräumt, dann finden sich rasch weitere Wege zur Einführung und Nutzung dieses Begriffes im Hochschul- und Schulbereich. Dass das chemische Potenzial durchaus auch für Schüler begreifbar und handhabbar ist, ist ebenfalls durch Schulversuche belegt.

Aufgrund dieser Vorarbeiten ist zu erwarten, dass sich Thermodynamik und Stoffdynamik durch Reduktion auf ihre anschaulichen Grundbegriffe zu Wissensgebieten entwickeln können, die wenigstens in ihren Grundzügen auch dem Durchschnittsbürger verständlich sind. Sie würden damit von Spezialfächern zu Bestandteilen allgemeiner Bildung aufrücken können.

Natürlich büßt die Thermodynamik dadurch viel von ihrem Zauber ein. Für Freunde logischer Raffinesse, mathematischer Akrobatik und philosophischer Spekulationen geht ein reizvolles Betätigungsfeld verloren. Vieles, was im alten abstrakten Gewande noch als tiefgründige Erkenntnis, scharfsinnige Schlusskette oder geniale Errungenschaft menschlichen Geistes bewundert wird [18], erscheint im neuen Rahmen als ziemlich banal oder gar überflüssig, wofür der dritte Hauptsatz [33], das Le Chateliersche Prinzip [34] oder die Gibbs-Helmholtz-Gleichungen [35] Beispiele sind. Sicher wird mancher dies als Verlust empfinden, aber es entspricht der an den Anfang gestellten, im Gibbsschen Wahlspruch ausgedrückten Zielsetzung, einen Standpunkt zu finden, von dem aus sich das ganze Gebiet am einfachsten überblicken lässt.

5.3 Widerstände
Die angestrebte Harmonisierung und Straffung des Begriffsrepertoirs der Thermo- und Stoffdynamik erfordert guten Willen und Zugeständnisse von fast allen Betroffenen. Jemand, der sich in ein Gebiet eingearbeitet und an die dort herrschenden Zustände gewöhnt hat, empfindet ein Umlernen als unnötig und lästig. Man denke nur an die Hartnäckigkeit, mit der sich die Kalorientabellen bis heute erhalten haben, obwohl diese Einheit in Deutschland seit mehr als einer Generation als abgeschafft gilt. Wenn Callen recht hat, dann ist die Bereitschaft dazu in der Wärmelehre so gut wie nicht vorhanden und dürfte in der Stofflehre kaum besser entwickelt sein. Auch Planck scheint derartige Erfahrungen gemacht zu haben, wenn er meint, dass sich eine neue Theorie erst durch Aussterben ihrer Gegner, nicht durch deren Überzeugung durchzusetzen vermag. Ähnliches dürfte Einstein zu der Äußerung veranlasst haben, dass sich ein Atom leichter zertrümmern lasse als ein Vorurteil.

Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die Komplexität und Abstraktheit des thermodynamischen Lehrgebäudes dieses gegen weiterreichende Umbauwünsche wirksam feit. Wer traut sich schon zu, beurteilen zu können, ob ein neuer Ansatz all die nur mühsam nachzuvollziehenden Gedankengänge und Rechnungen voll zu ersetzen vermag? Schon der dazu erforderliche Zeitaufwand verhindert ein solches Unterfangen. Selbst gestandene Wissenschaftler, zu deren Lehraufgaben die Thermodynamik gehört, ziehen sich daher vorsichtshalber auf einen ihnen sicher scheinenden Boden zurück. Eine Darstellung des Gesamtkonzeptes, die der öffentlichen Kritik zugänglich ist, und damit die Last der Überprüfung auf viele Schultern verteilt, ist daher unbedingte Voraussetzung für die breite Akzeptanz solcher Änderungsvorschläge.

Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Hindernis ist die Scheu vor diesem so erhaben wirkenden Gedankengebäude, die Kritik schon fast als Frevel erscheinen lässt. Hat nicht die Thermodynamik den dramatischen Umsturz im Weltbild der Physik durch Relativitäts- und Quantentheorie unbeschadet überstanden und damit ihre Tragfähigkeit eindeutig bewiesen? Bürgen nicht Namen [36] wie Helmholtz, Clausius, Thomson, Kirchhoff, Maxwell, Gibbs, Boltzmann, Le Chatelier, van't Hoff, Arrhenius, Ostwald, Planck, Nernst, Lewis, Einstein, Born usw., alles Leute, die sich um die Entwicklung dieses Gebietes verdient gemacht haben, für absolute Solidität? Wer hier etwas zu ändern versucht, muss mit Argumenten dieser Art rechnen, die zwar nur Indizien, keine Beweise sind, aber gegen die noch so logisch zwingende Gründe machtlos sind. Man kann dagegen einwenden, dass auch das römische Zahlensystem sich Jahrhunderte hindurch in der Verwaltung eines Weltreiches bewährt hat, ohne dass sich daraus folgern ließe, dass es deswegen besonders leistungsfähig gewesen wäre.

Hier kann nur eine einfallsreiche, ausdauernde und einfühlsame Aufklärungsarbeit weiterhelfen, die mögliche Ansätze erkennt und zu nutzen versteht, die Bedenken respektiert, aber auch auszuräumen vermag.

5.4 Datenmangel
Wie schon angeschnitten, stellt der Mangel an Daten ein erhebliches Hindernis bei der Vorausberechnung stofflichen Verhaltens dar, so dass das Interesse am Einsatz von Verfahren, die sich auf solche Daten stützen, rasch erlischt. Mangels dieses Interesses wiederum fehlt die nötige Infrastruktur - Fachkenntnis, Geräte, Datensammlungen, Rechenverfahren -, die es dem Chemiker erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht, die erforderlichen Daten festzuhalten, oder sie ist so unterentwickelt, dass Aktivitäten in dieser Richtung gar nicht erst erwogen werden. Hinzu kommt, dass Fehler in den Daten wegen des sporadischen und komplizierten Gebrauchs nur spät erkannt und berichtigt werden, was den Wert dieses Hilfsmittels weiter einschränkt. Da die Zahl neu synthetisierter Stoffe rasch zunimmt, die Datenerfassung aber nur sehr schleppend vorankommt, verringert sich der relative Anteil der im chemischen Verhalten berechenbaren Substanzen ständig und geht in vielen Bereichen gegen null. Berechenbarkeit muss hier durch qualitative Ersatzregeln, fantasievolles Probieren und zeitraubendes Experimentieren ersetzt werden.

6 Erwartungen und Vorarbeiten

Die Behebung der in den vorherigen Abschnitten angesprochenen Mängel ist ein Zweck, den die Stiftung verfolgt. Dass dies eine aus faktischen und psychologischen Gründen ausgesprochen schwierige Aufgabe darstellt, sollte deutlich geworden sein. Angesichts dieses Umstandes stellen sich folgende Fragen:

  • Welchen Stand haben die Vorarbeiten hierzu erreicht?
  • Welcher Nutzen steht dem zu erwartenden Aufwand an Kraft und Zeit gegenüber?
  • Welche konkreten Maßnahmen lassen sich ergreifen?

Es soll versucht werden, darauf einige Antworten zu geben.

6.1 Nutzen
Im Folgenden seien - wiederholend oder ergänzend - einige Vorzüge genannt, die eine von historisch bedingten Besonderheiten bereinigte und an andere Teile der Physik angepasste Darstellung bietet.

  1. Einbindung in das physikalische Umfeld: Mechanische, elektrische, thermische, chemische ... Systeme lassen eine gemeinsame Grundstruktur erkennen, die eine einfache Übertragung von Einsichten, Schlussweisen und Rechenverfahren von einem Gebiet in ein anderes erlaubt, was zur allgemeinen Orientierung, zur Suche von Lösungen, zum Merken von Zusammenhängen höchst hilfreich ist. Die Gegenüberstellung homologer Größen macht Überfrachtungen, Lücken und Verwerfungenin den Begriffsstrukturen erkenn- und korrigierbar.
  2. Harmonisierung im Innern: Brüche in Auffassung, Methodik und Begriffsrepertoire zwischen verschiedenen Teilgebieten verschwinden, etwa im Bereich der Stoffdynamik:
    • der Bruch zwischen der phänomenologischen Beschreibung auf makroskopischer Ebene und der ganz andersartigen statistischen auf atomarer Ebene,
    • die Diskrepanz in der Erörterung stofflicher Gleichgewichte (Statik) und der chemischer Reaktionsabläufe (Kinetik),
    • die Kluft zwischen den labortechnisch wichtigen Kenngrößen und den quantenmechanisch oder spektroskopisch ermittelten Daten der Atome und Atomverbände,
    • die Ungleichbehandlung verwandter Systeme, beispielsweise der Säure-Base-, Redox- und anderer Donator-Akzeptor-Systeme.
  3. Gestraffter Formalismus: Durch zweckmäßige Wahl von Größen und Rechenregeln kann man den formalen Apparat auf ein in anderen Bereichen der Physik übliches Maß begrenzen, was der Übersichtlichkeit, Einfachheit und Kürze der Rechnungen sehr zugute kommt. Auffälligstes Merkmal: Außer der Gesamtenergie wird keine der sonst bemühten energetischen Größen gebraucht. So verschwinden aus den Bereichen
    • allgemeine Thermodynamik: innere Energie, Enthalpie, freie Energie, freie Enthalpie sowie die entsprechenden massen- oder volumenbezogenen Größen;
    • technische Thermodynamik: Exergie und Anergie;
    • chemische Thermodynamik: alle aus den energetischen Größen gebildeten molaren und partiellen molaren Größen sowie die zugehörigen integralen und differentiellen Umwandlungs- und Reaktionsgrößen.
  4. Die alten Größen lassen sich bei Bedarf problemlos einfügen, was in einer Übergangs- oder Umgewöhnungsphase sicher nützlich oder gar unvermeidlich ist.
  5. Anschaulichkeit: Die berüchtigte Abstraktheit kann vermieden, die Kompatibilität mit der Anschauung wiederhergestellt und damit ein heuristisch schlagkräftiges Werkzeug reaktiviert werden:
    • einzuschlagende Rechenwege werden dadurch vorhersehbar und gezielt gestaltbar,
    • gefundene Lösungen auf eine unabhängige Weise überprüfbar und verstehbar,
    • Zusammenhänge oft schon ohne Rechnung erkennbar und leichter behaltbar.
  6. Anwendbarkeit in der Laborpraxis: nur eine leicht begreif- und benutzbare Stoffdynamik bietet die Aussicht,
    • ein für die tägliche Laborarbeit des Chemikers nützliches Werkzeug zu werden,
    • ein natürliches Interesse an der Ermittlung der dafür notwendigen Daten zu wecken,
    • die Kluft zwischen stoffdynamisch vermessenen und unvermessenen Substanzen, die sich zur Zeit über mehrere Größenordnungen erstreckt, nicht noch größer werden zu lassen.
  7. Erweitertes Allgemeinwissen: Eine didaktisch geschickte Aufarbeitung erlaubt es, verschiedene für das Allgemeinverständnis nützliche Einsichten bereits auf Mittelstufenniveau zu vermitteln, was auch für ein späteres Fachstudium von kaum zu überschätzenden Nutzen ist. Die Zuflucht zu Scheinargumenten als Erklärungshilfe, wie man sie immer wieder antrifft, erübrigt sich von selbst.
  8. Zeitersparnis: Die vereinfachte Handhabung auf begrifflicher und formaler Ebene vermindert nach bisheriger Erfahrung den Lehr- und Lernaufwand für denselben Lehrstoff etwa auf die Hälfte. Damit wird im Studium dringend benötigter Freiraum zur Vermittlung neueren Wissensgutes geschaffen. Vorteilhaft dürfte es sich dabei auswirken, wenn man an mitgebrachte Vorkenntnisse aus der Schule anknüpfen kann.

6.2 Vorarbeiten
Der erste Hinweis, dass die Entropie weitgehend dem Caloricum oder Wärmestoff der vorenergetischen Wärmetheorie entspricht und damit als immaterielles wärmendes Agens gedacht werden kann, stammt aus dem Jahre 1911 von Callendar [28], geriet aber schon bald gänzlich in Vergessenheit. Viel später und auf anderem Wege fand G. Job zwischen 1960 und 1970 bei dem Versuch, die Ursachen für die Schwerfälligkeit des thermodynamischen Formalismus und seine Unstimmigkeiten mit der Anschauung aufzuhellen, dass sich beide Mängel zwanglos beheben lassen, wenn man, statt die Äquivalenz von Wärme und Arbeit zu fordern, Entropie und Wärme gleichsetzt [20]. Dass dieser Befund von der Fachwelt zunächst mit größter Skepsis aufgenommen wurde, braucht nicht zu wundern, ist doch die Wärme-Arbeits-Äquivalenz Gegenstand des 1. Hauptsatzes der Thermodynamik und wird doch damit behauptet, dass einer ihrer wichtigsten Sätze zugleich ihr verhängnisvollster Missgriff ist [37].

Das Konzept wurde zunächst in einer Vorlesung (ab 1970) ausgearbeitet und später als Buch (1972) veröffentlicht, was vor allem der Fürsprache von Friedrich Hund zu verdanken ist. Die ausführliche Darstellung und auch die sehr positive Besprechung in den Physikalischen Blättern hat sicher dazu beigetragen, den Widerstand zu mildern, was sich an Zitaten [39,40,41,42, 43,44,45,46,47] hierzu erkennen lässt. Mit Falk - von Hause aus Theoretiker -, der eine umfassende Neugestaltung der Physik von Grund auf anstrebte [48], in die sich die umstrukturierte Thermo- und Stoffdynamik gut einfügt, hat sich später eine langjährige Zusammenarbeit ergeben [49], ebenso mit Herrmann,in dessen Händen vor allem die Ausarbeitung und Erprobung auf Schulniveau ^lag und noch liegt [50]. Dank dieser und daran anknüpfenderAktivitäten hat die Neukonzeption bereits Eingang in einige Lehrbücher des Hochschul-[41,42] und Schulbereichs [51,52,53] gefunden.

Die üblichen Tabellenwerke verwenden das herkömmliche Begriffsrepertoire. Um die dadurch bedingten Umwege zu vermeiden, die sich bei jeder Anwendung wiederholen, wurde 1981 eine Datensammlung [54] erstellt, in der die relevanten Daten von rund 1300 Stoffen, der veränderten Sichtweise entsprechend, aufbereitet worden sind. Die Sammlung wurde seitdem in Hamburg im freien Praktikum in anorganischer Chemie zu der oder einer der meist gedruckten Praktikumsunterlagen und ist auch auszugsweise von anderen Autoren [42,51] übernommen worden.

Der erste Hinweis, dass sich gewisse heute mit den Mitteln der statistischen Thermodynamik behandelte Aufgaben auch auf herkömmliche Weise lösen lassen, stammt von Einstein [55] (1914). Auf ähnliche Art berechnet später Falk [56] (1968) thermische Eigenschaften von Gasen mit diskreten Anregungszuständen. Überraschend einfache Lösungen für Aufgaben aller Art aus diesem Bereich lieferte dabei die neugestaltete Stoffdynamik, wie G. Job [57] in verschiedenen Vorträgen (seit 1986) dargelegt hat. Angewandt auf mikroskopische Systeme, ergeben sich zwanglos die üblichen statistischen Deutungen für die gefundenen Resultate. Soweit dies bisher feststellbar war, scheinen die herkömmlichen Mittel für alle Zwecke auszureichen, so dass man auf die statistische Thermodynamik ganz verzichten könnte. Zu der wichtigen Erkenntnis, dass das so streng gesetzmäßig scheinende Verhalten der Wärme oder der Stoffe sich als bloßes Spiel des Zufalls verstehen lässt, kann man auch auf einfachere Weise gelangen.

7 Maßnahmen

Ziel der Stiftung ist es, die erwarteten Vorteile, die eine Neugestaltung der beiden angesprochenen Bildungsbereiche bringt, allgemein nutzbar zu machen. Jedes neue Konzept hat mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen, verursacht durch Mangel an Bekanntheit, an sachkundigen Vertretern und an geeigneten Fachbüchern, die den Gegenstand darstellen. Aus angestrebtem Ziel, vorgegebenen Rahmenbedingungen und geleisteten Vorarbeiten lassen sich verschiedene Maßnahmen ableiten. Dabei scheint es zweckmäßig, zwischen den Bereichen schulischer Allgemeinbildung und universitärer Fachausbildung zu unterscheiden, wobei die Fächer Physik und Chemie am stärksten betroffen sind und hier zunächst, grob zusammenfassend, besprochen werden sollen.

  1. Ein Gesamtentwurf, in dem die im Abschnitt Nutzen erwähnten Aspekte erkennbar, überprüfbar und nachlesbar werden, ist eine wichtige Voraussetzung für eine raschere Akzeptanz. Als Lernhilfe wären passende Übungsaufgaben vorzusehen. Auch Beiträge in Fachzeitschriften und auf Fachtagungen zu ausgewählten Themen könnten hilfreich sein, vermögen aber kaum einen Gesamteindruck zu vermitteln.
  2. Um ein breiteres Publikum, insbesondere Studierende, zu erreichen, ist eine kostengünstige, ansprechende - gegebenenfalls auf die jeweilige Zielgruppe (Physiker, Chemiker, Biologen, Ingenieure, ... ) zugeschnittene - Gestaltung der Lehrbücher und anderer Lehrmittel notwendig. Eventuell müssen dabei, um Lücken zu vermeiden, für das jeweilige Studium wichtige Randthemen aufgenommen werden, um dem Lernenden den Erwerb eines weiteren Buches zu ersparen.
  3. Eine Übersetzung ins Englische ist heutzutage ein naheliegender Gedanke und würde den Kreis möglicher Nutzer erheblich erweitern.
  4. Die Kompatibilität mit dem bestehenden Umfeld (fachbezogene Handbücher, Taschenbücher, Tabellenwerke, Datenblätter, Grafiken, Praktikumsanleitungen usw.) muss gewahrt bleiben. Das kann auch - in umgekehrter Richtung- durch eine Anpassung seitens des Umfeldes erleichtert werden und wäre daher förderungswürdig.
  5. Die Einbeziehung neuer Themen oder die Entwicklung weiterführender Ansätze erfordert Sachkompetenz, die erst durch intensive Tätigkeit auf diesem Gebiet gewonnen werden kann. Das könnte im Rahmen einer Diplom-, Doktor- oder auch andersartigen Forschungsarbeit geschehen, in der solche Themen behandelt werden.
  6. Um den Mangel an nötigen Daten zu mildern, sind verschiedene Maßnahmen denkbar:
    • Aufarbeitung vorhandener Daten und Bereitstellung in passender Form,
    • Weiterentwicklung von Verfahren zur Überbrückung von Datenlücken,
    • bessere Ausbildung und Anleitung zur Nutzung und Sammlung der relevanten Daten,
    • Bereitstellung von Geräten und Apparaturen zur Erfassung dieser Daten.

Alle diese Maßnahmen können natürlich die Tätigkeit von Wissenschaftlern und Instituten, die sich eigens der Datenaufbereitung widmen, nicht ersetzen, sie können sie aber allein schon durch Hebung der Nachfrage unterstützen.

Während an den Hochschulen Lehrfreiheit besteht, binden auf Schulniveau die Lehrpläne, an denen wiederum Schulbücher und Lehrmittel ausgerichtet sind, den Unterricht an bestimmte Lehrstoffe. Änderungen setzen Konsens in den Lehrplankommissionen voraus, die eine gewisse Bekanntheit mit geplanten neuen Inhalten bedingen. Günstig kann sich hier auswirken, dass in einigen Bundesländern [31,32] in den Lehrplänen bereits ein Spielraum dazu geschaffen worden ist.

  1. Während angehende Lehrer während ihres Studiums im Fach selbst oder in der Fachdidaktik erreicht werden können, sind fertige Lehrer über ihre Fachzeitschriften oder im Rahmen der Lehrerfortbildung ansprechbar. Dazu müssen einführende Artikel verfasst und geeignete Veranstaltungen konzipiert und praktiziert werden.
  2. Der naturwissenschaftliche Unterricht wird durch Lehrmittel unterstützt, die für ein neues oder verändertes Lernziel erdacht, entwickelt und erprobt werden müssen.
  3. Im schulischen Bereich kommt der Öffentlichkeitsarbeit ein größeres Gewicht zu als im universitären. Kontakte zu Behörden und zu kooperationswilligen Bildungseinrichtungen müssen gepflegt und auch die zu Presse und Fernsehen dürfen nicht vergessen werden, ebenso wenig wie die zu Lehrbuchautoren und Schulbuchverlagen.
  4. Die Einrichtung einer Anlaufstelle, die über Datennetz oder auch persönlich erreichbar ist, die Auskünfte erteilt, Informationsmaterial sammelt, Kontakte vermittelt, Termine überwacht und sich rasch wechselnden Anforderungen anzupassen vermag, wäre eine nützliche Ergänzung.
  1. Der Begriff Thermodynamik ("Wärmekraftlehre") wird nicht einheitlich gehandhabt. Ursprünglich auf Wärmekraftmaschinen bezogen, dann allgemein auf Umwandlungen von Wärme in andere Energieformen angewandt, wurde er bald auf das Zusammenspiel thermischer mit mechanischen, elektrischen und stofflichen Größen aller Art ausgedehnt und gelegentlich sogar zum Inbegriff einer "allgemeinen Energielehre" übersteigert (vgl. etwa Dubbel: "Taschenbuch für den Maschinenbau", Springer: Berlin ..., 17. Aufl., S. D1). Die Gleichsetzung mit der Wärmelehre erübrigt eine Grenzziehung im Innern und vereinfacht sie zu den Nachbargebieten, insbesondere zur Stofflehre.
  2. Das angesprochene Fach besitzt bisher keinen eigenen Namen. Als begriffliches Gegenstück zur Wärmelehre oder Thermodynamik konzipiert, bieten sich hierfür die Namen (allgemeine) Stofflehre oder Stoffdynamik an. Im Hinblick auf die Chemie als wichtigstem Anwendungsgebiet wären auch Namen wie chemische Dynamik oder kurz Chemidynamik gerechtfertigt, haben aber den Nachteil, dass sie andere wichtige Anwendungsbereiche zu stark ausgrenzen.
  3. Clausius: "Abhandlungen über die mechanische Wärmetheorie", Vieweg: Braunschweig 1864, S. 246:
    "Obwohl sich die Notwendigkeit dieses Satzes [des 2. Hauptsatzes] unter Voraussetzung des oben [S. 242] erwähnten Grundsatzes [dass die Wärme nicht von selbst aus einem kälteren in einen wärmeren Körper übergehen kann] streng mathematisch beweisen lässt, so behält der Satz dadurch doch eine abstrakte Form, in welcher er dem Verständnisse schwer zugänglich ist, und man fühlt sich gedrungen, nach der eigentlichen physikalischen Ursache zu fragen, welche diesen Satz zur Folge hat."
  4. O. Reynolds (1842-1912, Arbeitsgebiete: Strömungslehre (-> Reynolds-Zahl), Lagerreibung, Wärmelehre ... (zitiert von Meixner [6] , S. 50, unter Bezug auf D. M. Mc Dowell and J. D. Jackson: "Osborn Reynolds and Engineering Science Today", Manchester University Press; Barnes and Noble, New York 1970):
    "Wenn man über irgendein Thema eine Vorlesung hält, so erscheint es als natürliches Verfahren, mit einer klaren Erläuterung der Natur, des Zwecks und des Umfangs des Themas zu beginnen. Aber als Antwort auf die Frage - was ist Thermodynamik - fühle ich mich versucht zu antworten: das ist ein sehr schwieriges Thema, für eine Vorlesung beinahe, wenn nicht ganz ungeeignet."
  5. A. Münster: "Chem. Thermodynamik", Verlag Chemie: Weinheim/Bergstr. 1969, 2:
    "Im Gegensatz dazu [zur Einfachheit des mathematischen Apparates] ist die Begriffsbildung der Thermodynamik außerordentlich abstrakt und in dieser abstrakten Begriffsbildung liegt die eigentliche Schwierigkeit dieses Gebietes. Man hat lange Zeit versucht, dieser Schwierigkeit durch eine vorgetäuschte Anschaulichkeit aus dem Wege zu gehen. Es hat sich indessen gezeigt, dass dadurch ein tieferes Verständnis nur erschwert wird. Man muss daher den beschriebenen Charakter des Gebietes als gegeben anerkennen und dann einmal die Entwicklung der Grundbegriffe aus anschaulichen Erfahrungstatsachen, zum anderen die Struktur des mathematischen Apparates analysieren."
  6. J. Meixner: "Entropie einst und jetzt", Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge N260, Westdeutscher Verlag, 1976
    S. 49: "Die Thermodynamik der Vorgänge, ja schon die einfachere Thermostatik wird häufig als eine besonders schwierige Disziplin der theoretischen Physik angesehen. Ein Grund dafür ist die geringe Anschaulichkeit des Entropiebegriffs."
    S. 50: "Es fehlt in der Geschichte der Thermodynamik nicht an Beispielen, in denen die Entropie - und allgemeiner die Thermodynamik - als etwas besonders schwieriges oder universelles oder gar geheimnisvolles hingestellt wird."
  7. K. Stierstadt, Phys. Bl. 39 (1983) Nr. 5, S. 126f:
    "Die Fragen 'Was ist Wärme, was ist Temperatur' werden von etwa 90% der Physikstudenten im Vorexamen und von etwa 65% im Hauptexamen falsch oder sehr unvollständig beantwortet. ... Inzwischen wissen wir aber, dass sie [die Thermodynamik] eines der begrifflich schwierigsten Gebiete der Physik ist. ... Ich habe die 30 gebräuchlichsten Lehrbücher der allgemeinen Physik und der Wärmelehre sowie einige Lexika daraufhin durchgesehen, ob die Begriffe Wärme und Temperatur vernünftig eingeführt sind. Das Ergebnis ist niederschmetternd: Insgesamt habe ich für die Temperatur (bzw. die Wärme) 10 (bzw. 9) befriedigende und 25 (bzw. 26) unbefriedigende Erklärungen der genannten Art gefunden."
  8. G. N. Lewis: "Das Gesetz physiko-chemischer Vorgänge", Z. phys. Chem. 54 (1901) 205 ... 226.
    Der Aufsatz, in dem Lewis zur Vereinfachung der Formeln die Einführung der Fugazität propagiert, die - wie später die ebenfalls von Lewis (1908) stammende Aktivität - als Ersatz für das damals noch weitgehend unbekannte und unverstandene chemische Potential diente (und noch heute dient), beginnt mit den bezeichnenden Worten: "Die vielseitige Anwendung der Thermodynamik auf die physikalische Chemie in den letzten Jahren hat zu einem Irrgarten mathematischer Ausdrücke geführt, der den Anfänger und sogar den Eingeweihten verwirrt."
  9. Der herkömmliche mathematische Apparat besteht aus einem vielfältig verschränkten Gerüst von Gleichungen, Hilfsgrößen und Zwischenergebnissen, von denen meist mehrere herangezogen und verknüpft werden müssen, um sich von einer Beziehung zur nächsten vorzuarbeiten. Ein Leser, der die Rechenwege verstehen und nachvollziehen will, sieht sich ständig gezwungen, die vielen bemühten Formeln nachzuschlagen. Oft reichen die Finger einer Hand - manchmal sogar beider Hände - nicht aus, um die herangezogenen Textstellen aufgeblättert zu halten. Wer gar eigene Wege zu gehen versucht, dem bleibt wegen des kaum zu überblickenden Formelwerks ein langwieriges Spiel von Versuch und Irrtum nicht erspart. Als Beispiel für diese Vorgehensweise mag ein einzelnes Zitat dienen, wo ein gewissenhafter Leser fast ein Dutzend früher aufgestellte Gleichungen nachzulesen hat, die selbst wieder auf ähnliche Weise gewonnen wurden und ebenso rückverfolgt werden müssen, wenn sie beim Lesen nicht mehr gegenwärtig sind:
    Kortüm, H. Lachmann [15], S.208: "Die Zusammensetzung der sog. 'Reaktionseffekte' aus den partiellen molaren Eigenschaften der Reaktionsteilnehmer, wie sie z. B. in den Gln. (III 174, 175, 177) und (IV 59, 106) zum Ausdruck kommt, und die Zerlegung der partiellen molaren Eigenschaften in einen Standardwert und einen sog. 'Restwert', wie sie durch die Gln. (154, 205, 206, 237, 244, 245) gegeben ist, ermöglicht es weiterhin, auch die chemischen Reaktionen in eine Standardreaktion und eine Restreaktion zerlegt zu denken."
  10. L. Holleck: " Physikalische Chemie und ihre rechnerische Anwendung - Thermodynamik", Springer: Berlin ... 1950, S. 50 ... 51, 72, 99, 101, 104, 106.
    Der Verfasser stellt in sechs Übersichten wichtige Ausdrücke und Gleichungen zusammen, in denen als Merkhilfe Herleitungswege und gegenseitige Beziehungen durch Pfeile oder Verbindungslinien angedeutet sind, und vermittelt dadurch recht gut einen bildhaften Eindruck von dem verwickelten Aufbau des thermodynamischen Formelgefüges.
  11. G. N. Lewis: "Umriss eines neuen Systems der chemischen Thermodynamik", Z. phys. Chem. 59 (1908) 129 ... 165.
    Der Aufsatz beginnt mit den Worten: "In der raschen Entwicklung der theoretischen Chemie, während welcher die beiden Energiegesetze eine so wichtige Rolle gespielt haben, sind zwei thermodynamische Methoden vielfach benutzt worden. Die erste, von Gibbs, Duhem, Planck u. a. angewendet, gründet sich auf die Fundamentalgleichungen der Entropie und des thermodynamischen Potentials; die zweite, u. a. von van't Hoff, Ostwald, Nernst und Arrhenius angewendet, besteht in der direkten Anwendung des sogenannten Kreisprozesses auf spezielle Probleme. ... Es muss zugestanden werden, dass wir der zweiten Methode fast alle Fortschritte verdanken, die während der letzten 30 Jahre durch Anwendung der Thermodynamik auf chemische Probleme gemacht worden sind."
  12. W. Schottky: "Thermodynamik", Springer: Berlin 1929, Vorwort S.VII
    "Wenn, über die gedanklich-sachlichen Schwierigkeiten hinaus, für unsere jungen Leute das Eindringen in dies Gebiet zu einem so dornenreichen Wege wird, so lassen sich dafür vielleicht doch einige Gründe angeben. Einer der Gründe ist ohne Zweifel der Zwiespalt der verschiedenen thermodynamischen Richtungen. Einer Thermodynamik der Kreisprozesse ... [van't Hoff, Ostwald, Nernst, Arrhenius] steht die Thermodynamik der charakteristischen Funktionen und chemischen Potentiale [Massieu, Gibbs, Duhem, Planck] sowie neuerdings der 'Aktivitäten' gegenüber ...[Lewis, Randall]. Wenn zu diesem Dualismus dann noch als Tertium eine moderne Axiomatik hinzutritt, die in der Untersuchung statistischer Gesamtheiten [Gibbs, Ehrenfest, Fowler] oder in der Diskussion von Pfaffschen Differentialausdrücken [Caratheodory, Born] das Heil erblickt, so wird sich der Lernende nur allzu leicht entmutigt von dem verwirrenden Bilde abwenden. Dieses Neben- und Gegeneinander verschiedener Richtungen ist zum größten Teil historisch bedingt; man kann sagen, dass die Entwicklung einfach bisher noch nicht zu einer entscheidenden Auswahl und Synthese des Vorhandenen geführt hat."
  13. K. Stierstadt [7] etwa meint, nachdem er Schwierigkeit und Abstraktheit der herkömmlichen Thermodynamik beklagt hat:
    "Ich habe mich bemüht, eine quantenphysikalisch begründete Wärmelehre schon im zweiten bzw. dritten Semester zu vermitteln. ... Die Skepsis vieler Kollegen gegen eine so frühzeitige und nur flüchtige Einführung quantenphysikalischer Tatsachen erwies sich als vollkommen unbegründet. ... Aus meiner zehnjährigen Vorlesungserfahrung mit der Wärmelehre für alle Studienrichtungen kann ich daher behaupten: 'Es gibt einen Königsweg für die Wärmelehre auch schon im zweiten Semester, und sie muss nicht abstrakt bleiben!' Ich habe dies mit allen Kategorien von Studenten erprobt, vom Diplomphysiker bis zum Grundschullehrer."
  14. G. M. Barrow: "Physikalische Chemie", Vieweg: Braunschweig 1971, Vorwort:
    "Anschließend werden die Grundlagen zur statistischen Beschreibung makroskopischer Eigenschaften behandelt, die sich auf den Erkenntnissen der Physik molekularer Systeme gründen und sich in der statistischen Interpretation und Berechnung thermodynamischer Eigenschaften äußern. Letztere sind besonders für den Chemiker von großer Bedeutung."
  15. G. Kortüm, H. Lachmann: "Einführung in die chemische Thermodynamik" , 7. Aufl., Verlag Chemie: Weinheim 1981.
    Aus dem Vorwort: "Dagegen wurde zuweilen bemängelt, dass die Ergebnisse der Quantenstatistik bisher nicht berücksichtigt bzw. nur am Rande vermerkt worden waren. Wir haben uns deshalb entschlossen, der siebenten Auflage ein Kapitel über statistische Thermodynamik anzufügen, das die phänomenologisch beobachtbaren Eigenschaften der Materie mit ihrer molekularen Struktur verknüpft."
  16. R. Haase: "Thermodynamik der irreversiblen Prozesse", Steinkopff: Darmstadt 1963
  17. S. R. Groot, P. Mazur. "Non-Equilibrium Thermodynamics", North-Holland Publishing Company: Amsterdam 1962
  18. H. B. Callen: "Thermodynamics", Wiley & Sons: New York, London 1960, S.11:
    "The history of the concept of heat as a form of energy transfer is unsurpassed as a case study in the tortuous development of scientific theory, as an illustration of the almost insuperable inertia presented by the accepted physical doctrin, and as a superb tale of human ingenuity applied to a subtle and abstract problem."
  19. J. W. Gibbs: "The Scientific Papers", Dover Publications, Inc. New York (1961), Vol.I "ThermodynamicsSS. 55 ... 371; ursprünglich erschienen in Trans. Conn. Acad., Band III, S. 108 ... 248 (1876) und S. 343 ... 524 (1878).
    Nur in sechs der 700 nummerierten Gleichungen kommt die - den Chemikern so unentbehrlich scheinende - später Enthalpie genannte Größe vor. Es sind dies (in heutiger Schreibweise) die 6 Gleichungen:
    (89),
    (90)
    (95),
    (104),
    (118),
    (119).
    Bemerkenswert ist noch, dass die - besonders in der Chemie so hoch geschätzte und anscheinend zu Unrecht so genannte - Gibbs-Helmholtz-Gleichung nicht dabei ist.
  20. G. Job: " Der Zwiespalt zwischen Theorie und Anschauung in der heutigen Wärmelehre und seine geschichtlichen Ursachen", Sudhoffs Archiv 53 (1970) 378 ... 395.
    Der Aufsatz beginnt mit der Bemerkung, dass die heutige Wärmelehre gewisse widersprüchliche Züge aufweist, die sich aus den unvereinbaren Wünschen nach Anschaulichkeit einerseits und nach rechnerischer Handlichkeit andererseits erklären lassen. Gestaltet man das Lehrgebäude konsequent nach der einen oder anderen der widerstreitenden Forderungen, erhält man zwei formal einfachere Begriffssysteme, ein anschauliches und ein abstraktes, die sich decken, wenn man den - aus den Alltagsvorstellungen entwickelten - Wärmebegriff im ersten mit der - formal mathematisch konstruierten - Entropie im zweiten gleichsetzt. Warum die historische Entwicklung dies einfache Ergebnis verfehlt hat, ist Gegenstand der zweiten Hälfte des Aufsatzes.
  21. G. Job: "Neudarstellung der Wärmelehre - Die Entropie als Wärme", Akadem. Verlagsgesellschaft: Frankfurt 1972, 173 Seiten
    Als Konsequenz früherer Erkenntnisse [20] zeigt das Buch in knapper Form, wie eine an die Alltagsvorstellungen anknüpfende, formal straff organisierte Wärmelehre aufgebaut werden kann. Nachdem zunächst die "Reine Wärmelehre" noch ohne Bezug zu anderen Gebieten der Naturwissenschaft entwickelt wird, werden in den Abschnitten "Allgemeine Thermodynamik" und "Chemische Thermodynamik" die Wechselbeziehungen mit andern physikalischen und chemischen Größen erörtert. Ein Vergleich mit den herkömmlichen Begriffen und Rechenverfahren lässt erkennen, auf welche Weise die Einsparung an Größen und im Rechenaufwand gelingt und wie der alte und der neue begriffliche und formale Apparat miteinander zusammenhängen. Der letzte Abschnitt "Thermodynamik entropieerzeugender Vorgänge" zeigt, dass sich außer Gleichgewichten und quasistatischen Prozessen, auf die sich die herkömmliche Thermodynamik beschränkt, auch Vorgänge aller Art ohne Bruch und ohne zusätzliche formale Mittel behandeln lassen.
  22. G. Job: "Teaching Thermodynamics: Chemical Potential from the Beginning", Proc. Taormina Conferenz on Thermodynamics 1991, Classe Di Scienze Fisiche Matematiche E Naturali Volume LXX - Supplemento N° 1: Messina 1992, 385 ... 409.
    Das Vortragsmanuskript beschreibt das Konzept des Thermodynamikteiles einer Einführungsvorlesung für Chemiker, wie es seit etwa 1973 an der Universität Hamburg fast drei Jahrzehnte lang benutzt worden ist. Es sind hier beispielhaft auch typische Aufgaben aus der Molekularstatistik aufgeführt, die mit phänomenologisch-thermodynamischen Mitteln gelöst werden (Einfrieren einer Molekelschwingung, Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung).
  23. G. Job: "Zur Vereinfachung thermodynamischer Rechnungen. Das 'Stürzen' einer partiellen Ableitung.", Z. Naturforsch. 25a (1970) 1502 ... 1508.
    Es wird an 14 bekannten Beziehungen aus der Thermodynamik reversibler und irreversibler Prozesse gezeigt, wie sich die Herleitungen durch einige wenige geeignet gewählte Operationen auf ein oder zwei Zeilen verkürzen lassen.
  24. G. Job: "Zur Neudarstellung der Wärmelehre" chim. did. 2 (1976) 117 ... 142.
    Ein direkter Vergleich des Rechenaufwandes nach altem und neuem Verfahren findet sich auf Seite 134f. Als Ergänzung hierzu kann auch die Grafik in der Broschüre "Forschung und Entwicklung" Fachbereich Chemie, Universität Hamburg (2000) S. 80 herangezogen werden.
  25. Bei einem Preisausschreiben im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg (rund 1600 studierende und studierte Wissenschaftler) ist vom Wintersemester 00/01 bis Sommersemester 01 bei vier gestellten Aufgaben dieser Art nicht eine einzige selbständig erarbeitete richtige Lösung eingereicht worden.
  26. G. Job: "Milchmädchenlogik in der Thermodynamik", Kleine Sammlung einschlägiger Beispiele (2001), unveröffentlicht, kann beim Verfasser angefordert werden.
    Die Beispiele entstammen 2 Schul- und 13 Hochschullehrbüchern. Behandelte Themen sind unter anderem: Zusammenhang der Reaktionswärmen und , Unterschied der Wärmekapazitäten und , Hessscher Satz, Le Chateliersches Prinzip, Gibbs-Helmholtz-Gleichung, Wechselspiel von Energie und Entropie, thermodynamisch exaktes Massenwirkungsgesetz, Debye-Hückel-Theorie.
  27. E. Ströker: "Einführung in die Wissenschaftstheorie", Wiss. Buchgesellschaft: Darmstadt 1992, S. 49:
    "Wir haben dabei zu unterscheiden zwischen Verfahren der Messung, nach denen eine bestimmte Maßzahl von Fall zu Fall zu gewinnen ist, und solchen der Metrisierung, mit Hilfe derer metrische Begriffe allererst eingeführt, d. h. Meßskalen konstruiert werden, welche Messungen ermöglichen."
    Man unterscheidet dabei (S. 53) zwischen primärer, fundamentaler oder direkter und sekundärer, abgeleiteter oder indirekter Metrisierung. Musterbeispiele für physikalische Größen, die in der Regel durch direkte Metrisierung des zugehörigen Begriffes eingeführt und nicht aus anderen Größen abgeleitet werden, sind Länge, Dauer, Masse. Dazu wird in der Regel vereinbart, 1) was als Einheit der Größe gelten soll, 2) wann zwei Größenwerte an verschiedenen Objekten als gleich anzusehen sind, 3) unter welchen Umständen sich die Größenwerte addieren. Es lassen sich aber auch viele Größen, die heute aus anderen abgeleitet werden, auf diese Weise definieren. Im alten technischen Maßsystem wurde z. B. die Kraft auf solchem Wege eingeführt. Der Vorteil des Verfahrens ist, dass jeder derartigen Größe zwangsläufig auch ein vorstellbarer Begriff zugrunde liegen muss, was bei abgeleiteten Größen, die man ziemlich willkürlich bilden und benennen kann, nicht gewährleistet ist. Ein unpassender oder nichtssagender Name führt dann leicht zu Missverständnissen, wie bei den Größen und .
  28. H. L. Callendar: "The Caloric Theory of Heat and Carnot's Principle", Proc. Phys. Soc. London 23 (1911) 153 ... 189.
    S. 178: "No one at that time appears ... to have realised that entropy was merely caloric under another name." oder
    S. 189: "Finally, in 1865, when its importance was more fully recognised, Clausius gave it the name of 'entropy', and defined it as the integral of . Such a definition appeals to the mathematician only. In justice to Carnot, it should be called caloric, and defined directly by his equation ..., which any schoolboy could understand. Even the mathematician would gain by thinking of a caloric as a fluid, like electricity, capable of being generated by friction or other irreversible processes."
    Anmerkung: Die überspitzte Formulierung, die Entropie sei lediglich Carnots Wärme(stoff) unter einem anderen Namen, hat zur Ablehnung und letztlich zum Scheitern dieses Denkansatzes beigetragen. Dass die Wärme, dargestellt durch die Entropie, vermehrbar, aber unzerstörbar ist, anders als Black, Carnot, Clapeyron und viele ihrer Zeitgenossen es von ihrer Wärme glaubten, ist eine grundlegende, über den damaligen Stand hinausgehende Erkenntnis, die erst 1850 von Clausius - wenn auch in ganz anderer und viel zu komplizierter Weise - formuliert worden ist.
  29. F. Herrmann: "Der Karlsruher Physikkurs - Gesamtband für Lehrer", Vorwort zur 2. Auflage, Karlsruhe April 1993:
    "Ein Unterrichtsversuch mit mehr als 1000 Schülern in Baden-Würtemberg und etwa 500 Schülern in Rheinland-Pfalz ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden. ... Ich hatte Gelegenheit, in einigen der Klassen der Sekundarstufe I eine Kurzversion der Physik zu unterrichten. Es zeigte sich dabei, dass der Karlsruher Kurs hierfür besonders geeignet ist. Es wurden 8 Unterrichtsstunden Mechanik und 8 Stunden Wärmelehre gehalten. In beiden Teilgebieten wurden in dieser Zeit sehr fundamentale und anwendungsträchtige Lernziele erreicht."
  30. F. Herrmann: "The Karlsruhe Physics Course", Eur. J. Phys. 21 (2000) 49 ... 58.
    S. 50: "Up to the time of writing an estimated 8000 pupils have completed the programme. The tests were strictly supervised by the school authority. During three years of intense observation no major difficulties arose, and the school authorities gave their approval for the general use of the concept in the High Schools of the Land of Baden-Würtemberg. They also changed the teaching programme in such a way that the Karlsruhe Physics Course can be used as an alternative to the traditional schoolbooks."
  31. Lehrplan Physik, Rheinland-Pfalz (2000), S. 28.
    Der Lehrplan nennt z. B. als Baustein des Grundfaches: "Entropie: - Entropie als Wärme - Entropieerzeugung und Entropiestrom - entropische Betrachtung von Naturphänomenen".
  32. Bildungsplan, Baden-Würtemberg (1994), S. 229 ff:
    "Dem vorliegenden Lehrplan liegt ein möglicher Aufbau für einen gymnasialen Physiklehrgang zugrunde. Wird die Physik unter anderen Gesichtspunkten, z. B. mit mengenartigen Größen, aufgebaut, so kann man mit den Begriffen Impuls und Entropie bereits in Klasse 8 arbeiten. In diesem Fall können Inhalte der Lehrplaneinheit 1, Einführung in die Physik, durch andere geeignete Themen ersetzt werden."
  33. Der dritte Hauptsatz, der O. Stern in Hamburg Stoff für eine einsemestrige Vorlesung geliefert hat, reduziert sich, grob gesprochen, auf die Feststellung, dass ein absolut kalter Körper keine Wärme (= Entropie) enthält, oder umgekehrt, dass ein Körper in absolut kalter Umgebung alle seine Wärme verliert (sofern man nur lange genug wartet, weil Wärme aus manchen Strukturen nur äußerst langsam abgegeben wird).
  34. Die Art der Aussagen, die das "Le Chateliersche Prinzip" oder "Prinzip des kleinsten Zwanges" macht, zeigt folgendes triviale Beispiel. Ein gestauchter Gummiklotz sucht die einwirkende Kraft (den Zwang zur Längenabnahme) zu mildern, indem er sich seitlich ausdehnt. Um dies zu verstehen, bedarf es keines besonderen Prinzips. Dass die Anwendung auf stoffliche Gleichgewichte und andere Zwänge (z. B. Erwärmung, Magnetisierung) nicht ebenso einsichtig ist, liegt an dem herkömmlichen Begriffssystem, das eine anologe Auffassung unmöglich macht. Schon eine dem mechanischen Vorbild besser entsprechende Formulierung könnte hier hilfreich sein. Als Beispiel ein häufig erwähnter Fall: Ein erwärmtes Stoff-System sucht die Übertemperatur (den Zwang zur Entropieaufnahme) abzubauen, indem es endotherme (entropiebindende) Veränderungen eingeht. Voll wirksam werden kann eine solche Fassung jedoch nur in einem passenden Gesamtkonzept, in dem genau geklärt ist, was als Zwang und was als Folge davon zu gelten hat.
  35. Während man in der Physik darunter Gleichungen versteht, die die Berechnung eines thermodynamischen Potentials aus einem anderen erlauben, etwa aus : , versteht der Chemiker darunter meist die äußerlich ähnlichen, aber inhaltlich andersartigen Beziehungen, die den Zusammenhang zwischen Reaktionsantrieb und Reaktionswärmen ausdrücken, etwa . Die ersteren entfallen, wenn man auf die thermodynamischen Potentiale verzichtet, die letzteren, weil Antriebe durch chemische Potentiale und Wärmen durch Entropien ausgedrückt werden.
  36. Für den mit der Geschichte der Physik und Chemie weniger vertrauten Leser seien hier einige Lebensdaten der genannten Wissenschaftler nachgetragen: Geburts- und Sterbejahr und das Jahr der Nobelpreis-Verleihung. Man beachte, dass der Preis erst ab 1901 verliehen wurde.
    Helmholtz (1821-1894) --   van't Hoff (1852-1911) 1901
    Clausius (1822-1888) --   Arrhenius (1859-1927) 1903
    Thomson (1824-1907) --   Ostwald (1853-1932) 1909
    Kirchhoff (1824-1887) --   Planck (1858-1947) 1918
    Maxwell (1831-1879) --   Nernst (1864-1941) 1920
    Gibbs (1839-1903) --   Lewis (1875-1946) --
    Boltzmann (1844-1906) --   Einstein (1879-1955) 1921
    le Chatelier (1850-1936) --   Born (1882-1970) 1954
  37. H. U. Fuchs: "A surrealistic tale of electricity", Am. J. Phys. 54 (1986) 907 ... 909.
    Robert Mayer, dem wir die früheste Fassung des Energiesatzes verdanken (1842), nennt u.a. Bewegung, Wärme, Elektrizität, Magnetismus als mögliche Formen der "Kraft", wie die Energie damals genannt wurde. Fuchs zeigt in einer fiktiven Historie, dass man in der Elektrizitätslehre ähnliche Komplikationen wie in der Wärmelehre hervorrufen kann, wenn man - Mayers Ansatz ernst nehmend wie Clausius im Fall der Wärme - die Äquivalenz von Elektrizität und Arbeit zum 1. Hauptsatz der Elektrizitätslehre erhebt. Wie die Wärme würde die Elektrizität dann als Energieform erscheinen, die sich z. B. mit einem Generator aus Arbeit erzeugen und mit einem Elektromotor in diese rückverwandeln ließe. Als einfache Vorrichtung für beiderlei Zwecke eignet sich ein Kondensator mit veränderlichem Plattenabstand, der eine Art Carnot-Prozess durchläuft. Mit Hilfe dieses Prozesses wäre analog zur Entropie eine universelle extensive Zustandsvariable konstruierbar mit der bemerkenswerten Eigenschaft, dass ihr Wert bei allen Vorgängen in einem abgeschlossenen System konstant bliebe, ein folgenreicher Satz, der die Umwandelbarkeit von Elektrizität in Arbeit, die nach dem 1. Hauptsatz beliebig möglich wäre, entscheidend einschränkt und daher sinngemäß wie in der Wärmelehre als 2. Hauptsatz der Elektrizitätslehre zu bezeichnen wäre. Dass die neue, abstrakt mathematisch konstruierte Größe einfach die elektrische Ladung darstellt und der angesprochene 2. Hauptsatz schlicht die Ladungserhaltung ausdrückt, ist bei dieser Vorgehensweise völlig verdunkelt. Im Umkehrschluss stützt dieser Befund den dringenden Verdacht, dass Schwierigkeit und Abstraktheit der Wärmelehre nicht unvermeidlich, sondern selbstverschuldet sind.
  38. P. Richter: Phys. Blätter 31 (1975) Heft 3, S. 139:
    "Die üblichen Darstellungen der Thermodynamik quälen sich am Anfang recht mühsam mit unvollständigen Differentialen herum, um dann im ersten Hauptsatz mit der Energie als Zustandsfunktion Erlösung zu finden. Anschließend bedarf es weiterer Anstrengungen - gipfelnd im zweiten Hauptsatz -, die Entropie als Zustandsfunktion einzuführen. Georg Job vermeidet diese Schwierigkeiten weitgehend, indem er die Entropie als den der natürlichen Vorstellung von Wärme entsprechenden Begriff identifiziert und an den Beginn der Thermodynamik stellt. Er knüpft dabei an Carnots Gedanken zur Natur der Wärme an, wonach ein Caloricum (Entropie) sich auf verschiedenen Niveaus eines Potentials (Temperatur) befinden kann, das seine Energie bestimmt. Und da uns die Natur der Entropie (2. Hauptsatz) inzwischen vertraut ist, lässt sich die Unzulänglichkeit leicht beseitigen, die in Carnots Auffassung vom Caloricum als Erhaltungsgröße (Stoff) lag. Job stellt ein kalorimetrisches Messverfahren für die Entropie vor und gewinnt damit den 2. Hauptsatz unmittelbar als Erfahrungssatz. Die nachfolgenden Überlegungen zur potentiellen Energie des Caloricums enthalten den 1. Hauptsatz implizit. Diese Darstellung der Grundlagen besticht in der Tat durch ihre Eleganz. Man kann sicherlich darüber streiten, ob der anschauliche Wärmebegriff wirklich am ehesten durch die Entropie repräsentiert wird, und die Historie von der Bestimmung des Wärmeäquivalents spricht dagegen. Darauf kommt es aber nicht an, nachdem die Messvorschrift für die Entropie einmal gegeben ist. Nicht glücklich gewählt ist allenfalls die Bezeichnung 'WärmeTS *' für Entropie, denn Wärme wird nun mal als Äquivalent von Arbeit verstanden. Warum nicht auf Carnots Begriff 'Caloricum' zurückgreifen? Das Buch erschöpft sich nicht in einer Neuformulierung der Grundlagen, sondern es behandelt anschließend die üblichen Einzelheiten der Thermodynamik. Unüblich und anregend ist aber auch hier die Art der Darstellung. Besonders empfehlenswert für Studenten und solche die Vorlesungen zu halten haben, ist die zusammenfassende Behandlung von Rechenregeln und Verfahrensweisen. Die mannigfachen Anwendungen erscheinen danach wie reife Früchte. Ein eigenes Kapitel über chemische Thermodynamik beginnt mit einer ausführlichen Diskussion des im allgemeinen doch recht abstrakt eingeführten chemischen Potentials. Ein geistvolleres Lehrbuch der Thermodynamik ist in der letzten Zeit wohl kaum geschrieben worden."
  39. W. Döring (Theor. Physik, Univ. Hamburg), dem das Konzept aus früheren Gesprächen in Grundzügen bekannt war, äußerte sich, zu einer 1971 geplanten Universitäts-Pressemitteilung zu diesem Thema befragt, zunächst abschlägig, dann aber nach erneuter ausführlicher Diskussion in seinem Mitarbeiterseminar doch zustimmend, wie H. Sinn, damals Vizepräsident der Universität, zu berichten weiß.
  40. R. Duit: "Der Energiebegriff im Physikunterricht", Kiel 1986
    "Eine interessante Variante der Verwendung des Wortes Wärme hat Job (1972) vorgelegt. Er gründet eine Neudarstellung der Thermodynamik auf den Begriff der Entropie und bezeichnet dabei Entropie als Wärme. Er kommt zu einem in sich geschlossenen Theoriegebäude, das zwar ungewohnt ist, aber den Vorteil bietet, den 2. Hauptsatz in das Zentrum zu rücken."
  41. V. Freise: "Chemische Thermodynamik", B I-Hochschultaschenbuch Band 213, Mannheim 1972, S. 270 ... 278:
    "In jüngster Zeit ist [von Job] eine neue mathematische Methode [die Stürzregel] entwickelt worden, die es erlaubt, thermodynamische Zusammenhänge auf formal einfache Weise aus der verallgemeinerten Gibbsschen Fundamentalgleichung herzuleiten."
  42. H. Fuchs: "The Dynamics of Heat", Springer: New York, Berlin ... 1996, S. 447:
    "The didactic concept behind the first four sections of this chapter owes much to the work done by G. Job (1972), and by G. Falk and F. Herrmann (and their colleagues, 1977-1982). To my knowledge, G. Job first suggested that an exposition of the subject of chemical change should start directly with the chemical potential as an easily grasped concept."
  43. F. Herrmann [29] aus dem Vorwort zur 1. Auflage, Karlsruhe, August 1989:
    "Noch einer anderen Person habe ich viele der im vorliegenden Buch enthaltenen Ideen zu verdanken: Herrn Dr. G. Job von der Universität Hamburg. Grosse Teile der Wärmelehre, sowie der physikalischen Chemie basieren auf seinen Arbeiten."
    F. Herrmann [30], S. 51, Karlsruhe, Juli 1999:
    "We owe the idea that the common-language concept of heat perfectly matches the properties of the physical quantity entropy to the work of Job (1972). Our treatment of the chemical potential as a universal driving force for all those processes where the quantity 'amount of substance' is created, destroyed or transported is also due to Job (1978, 1981)".
  44. F. Hund: "Geschichte der physikalischen Begriffe", B I-Hochschultaschenbuch Band 543, Mannheim 1972, S. 295:
    "Historisch ist der mit bezeichnete Begriff an den Anfang der quantitativen Wärmelehre gekommen, und ist sehr viel später damit verknüpft worden. Man könnte (nach G. Job) heute auch den am reversiblen Carnot-Prozess gewonnenen Begriff an den Anfang einer Lehre von den Wärmeerscheinungen stellen. Zum Verständnis des Kalorimeters und der Wärmeleitung käme man dann über den Energiesatz, mit dem man einen Begriff der thermischen Energiezufuhr und spezifischer thermischer Energien und gewinnen könnte."
  45. J. Meixner [6] 1976, S. 49:
    "Obwohl wir kein direktes Empfinden für Entropie besitzen, ist doch auch das Messen von Entropien oder besser von Entropieänderungen bei reversiblen Zustandsänderungen im Prinzip möglich. Dafür hat Job die Eis-Wasser-Flasche erfunden, die über Arbeitskolben und Wärmetauscher mit dem zu untersuchenden Körper in Verbindung steht. Die Entropieänderung dieses Körpers bei einem reversiblen Vorgang kann dann an der Volumenänderung des Eis-Wassergemisches in der Eiswasserflasche ... gemessen werden. Setzt man der Eiswasserflasche eine Kapillare auf, so lässt sich die Messung einer Entropieänderung entsprechend der einer Temperaturänderung auf eine Längenmessung zurückführen."
  46. G. Falk: "Entropy, a resurrection of caloric - a look at the history of thermodynamics", Eur. J. Phys. 6 (1985) 108 ... 115:
    Zusammenfassung: "Entgegen weitverbreiteter Lehrmeinung handelt es bei der durch Clausius eingeführten Entropie keineswegs um eine neue Größe der Physik, sondern um die Rekonstruktion einer viel älteren Größe, nämlich der hundert Jahre früher von dem schottischen Chemiker Black konzipierten 'quantity of heat'. Dieselbe Größe benutzte Carnot [1824] unter dem Namen 'calorique' in seiner berühmten Abhandlung, in der er die Grundlagen der Thermodynamik entwickelte. Dass Entropie und Wärmemenge (im Sinne Blacks) lediglich zwei verschiedene Namen für dieselbe Größe sind, ist nicht nur für die Geschichte der Physik von Bedeutung, sondern sollte es vor allem für die Didaktik sein - besagt es doch, dass die Entropie anschaulich verstanden werden kann als Menge der Wärme. Diese wie eine Art Substanz betrachtete Wärme befolgt einen halben Erhaltungssatz: Sie kann zwar erzeugt, aber nicht vernichtet werden." (Vgl. die Anmerkung zu Callendar [28])
  47. F. Schlögl: "Probalility and Heat", Vieweg 1989, S. 83:
    "The entropic scheme, however, is primarily based on experience obtained by transformation of heat into work. This way of deducing thermodynamics is less popular. It is worked out in a systematic approach in particular in a book by G. Job 1972. In this book a new phenomenological concept of heat is used different from the traditional one. It leads very directly from the experience to the concept of entropy."
  48. G. Falk: "Ein moderner Physikkurs für Anfänger und seine Begründung", Heft 3 der Reihe "Konzepte eines zeitgemäßen Physikunterrichts", Herausgeber G. Falk und F. Herrmann, Schroedel-Verlag, Hannover (1979), S. 5.
    Falks Anliegen ist ein Aufbau der Physik, der den Bruch zwischen den klassischen und quantenphysikalischen Teilgebieten vermeidet. Erklärtes Ziel ist, die Physik - die Schulphysik eingeschlossen - von vornherein auf diejenigen Größen zu gründen, die sich auch in der Quantentheorie als grundlegend herausstellen. So werden z. B. in der Mechanik anders als üblich die Größen Impuls (anschaulich Schwung oder Wucht) und Drehimpuls (anschaulich Drall) zu Basisbegriffen, auf die sich alle Vorstellungen, Überlegungen und Herleitungen stützen. Als zusätzlichen Vorteil stellt Falk heraus, dass der neue Aufbau eine Elementarisierung ohne wesentliche Einbußen an Strenge zulässt.
  49. Ergebnis der Zusammenarbeit sind verschiedene Aufsätze in der Schriftenreihe "Konzepte eines zeitgemäßen Physikunterrichts", Herausgeber G. Falk und F. Herrmann, Schroedel-Verlag, Hannover, insbesondere in Heft 2 (1978) und Heft 4 (1981):
    G. Job: "Das chemische Potential im Physik- und Chemie-Elementarunterricht" 2, S. 67 ... 78 / G. Job: "Stoffe und Grundstoffe" 4, S. 7 ... 13 / G. Job. "Chemische Reaktionen physikalisch beschrieben" 4, S. 14 ... 31 / G. Falk: "Physikalische Vorgänge als Reaktionen" 4, S. 32 ... 45 / G. Falk, W. Ruppel: "Elektrische Vorgänge und Reaktionen" 4, S. 46 ... 58 / G. Falk, W. Ruppel, W. Würfel: "Reaktionen von Elektronen und Löchern in Halbleitern" 4, S. 59 ... 69 / G. Falk, G. B. Schmid: "Kernreaktionen" 4, S. 70 ... 83 / G. Job: "Reaktionen in der Biologie" 4, S. 84 ... 94 / G. Job: "Die Werte des chemischen Potentials" 4, S. 95 ... 110.
  50. F. Herrmann [30], Zusammenfassung:
    "The Karlsruhe Physics Course is an attempt to modernize the physics syllabus by eliminating obsolete concepts, restructuring the contents and extensively applying a new model, the substance model. The course has been used, tested and improved for several years, and we believe that the time has come to make it known to a wider public. We introduce the structure which underlies the course and discuss some consequences for the teaching of various subfields of physics."
  51. F. Herrmann: "Der Karlsruher Physikkurs - Ein Lehrbuch für den Unterricht der Sekundarstufe I", Abteilung für Didaktik der Physik, Univ. Karlsruhe 1995, 437 Seiten.
    Kapitel "Entropie" behandelt die Wärmelehre: S 10 Entropie und Entropieströme, S 11 Entropie und Energie, S 12 Phasenübergänge, S 13 Licht; Kapitel "Reaktionen" behandelt die Stofflehre: S 24 Stoffumsatz und chemisches Potential, S 25 Stoffmenge und Energie, S 26 Wärmebilanzen von Reaktionen.
    Bemerkenswert ist, dass die Stofflehre von Anfang an als regulärer Bestandteil der Schulphysik gleichrangig etwa neben Mechanik (Kapitel " Impuls"), Elektrizitätslehre oder Atomphysik auftritt.
  52. F. Herrmann: "Der Karlsruher Physikkurs - Ein Lehrbuch für den Unterricht der Sekundarstufe II", Abteilung für Didaktik der Physik, Univ. Karlsruhe.
    Teil 1 (Elektrodynamik, 1997), Teil 2 (Thermodynamik, 1999), weitere Teile in Arbeit.
  53. T. Borer, P. Frommenwiler, H. Fuchs ...: "Physik - Ein systemdynamischer Zugang für die Sekundarstufe II", Sauerländer: Aarau 2000, 186 Seiten.
    Aus dem Vorwort: "Der vorliegende Lehrgang orientiert sich an drei wichtigen Aspekten. Einmal ist die Themenfolge nicht gemäss der historischen Entwicklung, sie folgt viel mehr den heute erkennbaren Strukturen der Physik. Zweitens gründet dieser Kurs auf dem Energieträgerkonzept von Falk, Ruppel, Job und Herrmann (der Karlsruher Physikkurs). Der dritte Punkt betrifft die didaktische Zielsetzung: Das schrittweise Modellieren dynamischer Prozesse soll das Rechnen mit gebrauchsfertigen Formeln möglichst ersetzen."
    Die Harmonisierung der physikalischen Teilgebiete wird hier zur Entwicklung neuer Unterrichtsmethoden genutzt, die bewusst auch die modernen Mittel der Datenverarbeitung heranzieht. Als Besonderheit sei genannt, dass die Stofflehre (S 3.1 Stoffliche Prozesse, S 3.2 Stoffbilanzen, S 3.3 Transportvorgänge, S 3.4 Chemisches Potenzial, S 3.5 Energietransporte ...) noch vor der Wärmelehre (S 5.1 Thermische Prozesse, S 5.2 Entropie und Temperatur, S 5.3 Temperaturmessung, S 5.4 Thermische Leistung und thermische Maschinen, S 5.5 Entropieproduktion und Dissipation ...) erörtert wird, was die Selbständigkeit beider Gebiete noch einmal unterstreicht.
  54. "Tabelle chemischer Potentiale" Chem. Inst. d. Univ. Hamburg, 1981, 34 Seiten.
    Als Quellen dienten u.a. E. Wiberg: "Die chemische Affinität", 2. Aufl., de Gruyter: Berlin, New York, 1972, D. R. Stull, H. Prophet. "JANAF Thermodynamical Tables" Nat. Bur. Stand (U.S.) 1971, Landolt-Börnstein: "Zahlenwerte und Funktionen" 6.Aufl., Springer: Berlin ... , F. D. Rossini ...: "Selected Values of Chemical Thermodynamic Properties", Nat. Bur. Stand (U.S.) Circular 500, 1952.
  55. A. Einstein: "Beiträge zur Quantentheorie", Verhandl. d. Deutschen Phys. Gesellschaft 12 (1914) 820 ... 828.
    Der Verfasser nennt als Ziel seines Beitrages: "Im nachfolgenden sind zwei Betrachtungen wiedergegeben, die ... zeigen, inwieweit die wichtigsten neueren Ergebnisse der Wärmelehre ... ohne Zuhilfenahme des Boltzmannschen Prinzips [ ] auf rein thermodynamischem Wege mit Benutzung des Grundgedankens der Quantentheorie abgeleitet werden können. ..." und als Leitidee seines Ansatzes: " Wir betrachten ein chemisch einheitliches Gas, dessen Moleküle je einen Resonator [irgendeinen Speicher innerer Molekularenergie] tragen. Die Energie dieses Resonators soll nicht jeden beliebigen Wert annehmen können, sondern nur gewisse diskrete Werte es (auf das Mol bezogen). Ich will mir nun erlauben, zwei Moleküle als chemisch verschieden ... anzusehen, wenn ihre Resonatorenergien und ungleich sind. Dann kann ich das ursprünglich als chemisch einheitlich aufgefasste Gas auch auffassen als eine Mischung chemisch differenter Gase ... Indem ich die Bedingung dafür aufstelle, dass sich dies Gemisch im thermodynamischen Gleichgewicht befindet gegenüber allen Änderungen der -Werte der Moleküle, erhalte ich das statistische Gesetz, nach welchem die Resonatorenergie über die Moleküle verteilt ist. Indem ich dann nachträglich die Resonatorenergie wieder als 'thermische Energie' behandele, bekomme ich den Teil der spezifischen Wärme des Gases, der auf die auf den Molekülen sitzenden Resonatoren zurückzuführen ist."
  56. G. Falk: "Theoretische Physik", Band II: "Allgemeine Dynamik - Thermodynamik", Springer: Berlin, Heidelberg 1968, S. 119 ... 125
  57. G. Job: Lösungen quantenstatistischer Aufgaben mit klassisch-thermodynamischen Mitteln sind zunächst in zahlreichen Seminarvorträgen (Karlsruhe seit Juni 1986, Hamburg seit Oktober 1986) erarbeitet worden. Schriftliche Beiträge liegen zu folgenden Themen vor (in eckigen Klammern: Aufsatz-Nr., Seiten-Nr.):
    Einfache Systeme ohne Wechselwirkung: Schwingungsbeitrag zum chemischen Potential [I.5], Rotationsbeitrag zum chemischen Potential [I.6], Molekulare Geschwindigkeitsverteilung [I.8], Barometrische Höhenformel [I.9], Sedimentationsgleichgewicht in einer Zentrifuge [I.9], Wahrscheinlichkeit eines Energiezustandes (Boltzmann-Gleichung) [I.10]; Konkurrenz um freie Plätze: Chemisches Potential freier und besetzter Plätze [II.4], Einschichtadsorption (Langmuir-Adsorptionsgleichung) [II.5], Mehrschichtadsorption (Brunauer-Emmet-Teller-Adsorptionsgleichung) [II.5], Translationsbeitrag zum chemischen Potential [II.7], Entropie dünner Gase (Sackur-Tetrode-Gleichung) [II.9], Fermi-Dirac-, Bose-Einstein- und Boltzmann-Verteilung [II.9]; Systeme mit Wechselwirkung: Doppelschichten an Elektrodenoberflächen (Gouy-Chapman-Gleichung) [III.2], Theorie der zwischenionischen Wechselwirkung (Debye-Hückel-Gleichung) [III.4], van-der-Waalssches Gas (Parameterberechnung aus Molekeldaten) [III.5], Adsorption mit Wechselwirkung [III.7], Allgemeine Systeme wechselwirkender Teilchen [III.9], Entropie statistisch (Boltzmann-Shannon-Gleichung) [III.10]; Anwendungen außerhalb der Chemie: Verhalten paramagnetischer Stoffe [IV.2], Heliumbrennen (Bildung höherer Elemente in alternden Sternen) [IV.3], Hohlraumstrahlung (Plancksches Strahlungsgesetz) [IV.4], Phononen in Festkörpern (Debyesches -Gesetz) [IV.5].